Herford, 04. Febr. 2010 Bürgermeister Bruno Wollbrink erläutert seine Vorstellungen zur Spardebatte im Kulturbereich: Keine Einrichtung soll geschlossen werden – Einsparungen von rund 800.000 Euro bis 2013
Keine städtisch finanzierte Kultureinrichtung soll geschlossen werden. Durch intensive Zusammenarbeit und Überarbeitung des Angebots soll bis 2013 ein Sparbetrag von rund 800.000 Euro erreicht werden. So lauten die Vorstellungen von Bürgermeister Bruno Wollbrink zur Spardebatte für den städtischen Kulturbereich. „Wir können aufgrund unserer schwierigen Finanzlage nicht dauerhaft unsere Kultur mit 7 Millionen Euro pro Jahr bezuschussen, auch die kulturellen Einrichtungen müssen einen wesentlichen Sparbeitrag erbringen“, stellt das Stadtoberhaupt klar.
Im Anschluss an das Gutachten von Professor Haselbach habe es in der Öffentlichkeit eine lebendige und intensive Debatte gegeben. Auch der Runde Tisch Kultur mit den Herforder Bürgerinnen und Bürgern sowie die Beiträge aus der Politik hätten verdeutlicht, dass das vielfältige kulturelle Angebot erhalten bleiben solle. Zugleich sei aber auch, nicht zuletzt durch die Einrichtungen selber, akzeptiert geworden, dass man den Gürtel enger schnallen müsse. „Ich nehme diese Signale auf und die einzelnen Verantwortlichen in die Pflicht“, erklärt der Bürgermeister.
„Ich setze darauf, dass der Rat in seiner nächsten Sitzung am 30. April das Einsparziel und die folgenden Eckpunkte bestätigt.“ In Gesprächen mit den Einrichtungsleitern würden bis zum Sommer die Maßnahmen detailliert festgelegt. Dabei haben das Stadtoberhaupt und der Geschäftsführer der Kultur Herford gGmbH, Ernst Meihöfer, folgende Aspekte bei den einzelnen Institutionen im Blick.
Die Zukunft der Schönfeldschen Villa ist geklärt. Durch das kürzlich verabschiedete Umzugskonzept kann künftig dort wieder eine Dauerausstellung zur Stadtgeschichte gezeigt werden. Bereits in diesem Jahr wird es eine erste Ausstellung geben, die sich mit entscheidenden Zeitwenden der Herforder Vergangenheit beschäftigt. „Die Stadtgeschichte bekommt wieder einen festen Standort, das ist für die Bürgerinnen und Bürger eine eindeutige Verbesserung“, sagt Bruno Wollbrink.
Einen wesentlichen Sparbeitrag erwartet er von MARTa. Die Instandhaltungskosten für den Gehry-Bau und die Zinskosten für die Kredite zur Baufinanzierung soll das Museum teilweise mittragen, zudem sollen höhere Einnahmen erwirtschaftet werden. Die heimische Wirtschaft müsse für ein größeres Engagement gewonnen werden. „Das wichtigste aber ist es aus meiner Sicht, dass die Akzeptanz für MARTa in der heimischen Bevölkerung erhöht wird“, so Bruno Wollbrink. „Eine entscheidende Basis dafür können die Gespräche über eine Zusammenarbeit mit dem Kunstverein sein.“
Die Nordwestdeutsche Philharmonie soll nach dem Willen des Verwaltungschefs durch eine veränderte Trägerstruktur langfristig gesichert werden. Jedes Jahr stehe die Existenz des Orchesters in Frage, weil einzelne Mitgliedstädte aufgrund ihrer kommunalen Finanzmisere ihren Zuschuss in Frage stellten. Dieses Problem werde in den kommenden Jahren zunehmen. Ein erfolgreiches Orchester brauche aber Planungssicherheit. „Die NWD ist eine Einrichtung, die für die gesamte Region Ostwestfalen-Lippe von großer Bedeutung ist. Deshalb muss auch eine Finanzierung realisiert werden, zu der die gesamte Region einen gerechten Beitrag leistet“, sagt Bruno Wollbrink.
Er schlägt eine Veränderung der Trägerstruktur in Richtung der Kreise vor. „Dadurch wird eine breitere Solidargemeinschaft geschaffen, da damit sämtliche Kommunen beteiligt werden.“ Außerdem erhalte das Orchester damit eine stabilere Basis. Er wisse, dass dieser Vorschlag eine Herausforderung darstelle. Aber eine kulturelle Institution, von der alle profitierten, müsse auch von allen getragen werden.
Auch die Musikschule soll erhalten bleiben. Wie aber die Untersuchung von ICG Culturplan zeige, müsse sich die Musikschule angesichts des demografischen Wandels und den Reformen im Bildungssystem schneller und stärker als bisher angenommen einem grundlegenden Veränderungsprozess stellen. Nur so könne sie als Einrichtung dauerhaft bestehen. Ein Gesamtpaket von Maßnahmen müsse zu einer deutlichen Senkung des kommunalen Zuschusses führen. Wege dahin könnten eine stärkere finanzielle Beteiligung der Nutzer, eine intensivere Zusammenarbeit mit den Schulen und Kostensenkungen im Veranstaltungs- und Projektbereich sein. Auch eine Zusammenarbeit mit privaten Anbietern sei denkbar.
Durch die Kulturdebatte sei deutlich geworden, dass das Theater ein unverzichtbarer Bestandteil des Stadtlebens sei. Dies entbinde das Haus jedoch nicht von der Pflicht zu sparen. Die anstehenden Sanierungsmaßnahmen der Belüftungsanlage, der Bestuhlung und Beleuchtung müsse aus Eigenmitteln erwirtschaftet werden. Bei den Veranstaltungen müsse eine höhere Kostendeckung erreicht werden. Die Notwendigkeit von Angeboten, die nicht zum Kerngeschäft des Theaters gehörten, müsse überdacht werden. „Wir können uns nicht mehr alles leisten und müssen Abstriche vornehmen, wenn wir das Haus erhalten wollen“, erklärt der Bürgermeister.
Entgegen der Empfehlungen des Gutachters wird auch die Stadtbibliothek sparen müssen. Die Kosten für die energetische Sanierung des Hauses müssen aus dem Etat des Hauses erwirtschaftet werden. Außerdem müsse über eine Reduzierung der Öffnungszeiten, Kürzungen im Veranstaltungsbereich und über eine Erhöhung der Benutzerentgelte nachgedacht werden. Ungeachtet dessen halte man aber am Ziel fest, das Medienangebot zu verbessern.
„Ich möchte die Vielfalt des kommunalen Kulturangebots erhalten. Das wird aber nur gelingen“, so Bruno Wollbrink, „wenn alle Häuser ihren Beitrag leisten. Das wird auch weh tun. Ich glaube, dass den Einrichtungsleitungen und ihren Mitarbeitern dies bewusst ist. Mit ihrer Hilfe können wir zu Lösungen kommen, damit Herford weiterhin ein attraktiver Kulturstandort bleibt.“