Herford, 22.03.2012 INTERVIEW: Herfords Wirtschaftsförderer Dieter Wulfmeyer über die Zukunft des Standorts nach dem Rückzug des Investors Gundlach aus dem Projekt
Barbara Glosemeyer, NEUE WESTFÄLISCHE
Seit 12 Jahren steht der ehemalige Kaufhof leer und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Firma Gundlach aus Hannover hat in den vergangenen zwei Jahren vergeblich versucht, Mieter für ein neues Geschäftszentrum an dem Standort zu finden. Bei dieser so genannten „kleinen Lösung“ sollte das Kaufhof-Gebäude nicht mehr komplett abgerissen, sondern vom Herforder Architekten Kasten Schlattmeier modernisiert werden. Jetzt muss eine neue Lösung her für das Areal, das die Stadt 2010 für 3,1 Millionen Euro kaufte. Darüber sprach Wirtschaftsförderer Dieter Wulfmeyer mit Barbara Glosemeyer.
Wieder sind Pläne für das Kaufhof-Gelände gescheitert. Woran lag es?
DIETER WULFMEYER:Die Firma Gundlach hat sich aus dem Projekt zurückgezogen, weil bis zum Monatsende keine positive Entscheidung von zwei Ankermietern zu erwarten war und auch danach nicht. Somit war das Projekt wirtschaftlich nicht mehr darstellbar.
Was sind Ankermieter?
WULFMEYER:Bei Anker- oder Großmietern handelt es sich um eine zu vermietende Fläche von etwa 2.000 Quadratmetern, also schon sehr groß.
Bei einer Gesamtfläche von 8.000 Quadratmetern war also bislang nur die Hälfte vermarktet! Wie kann das sein nach zwei Jahren Planung?
WULFMEYER:Die Stadt kann sich keine Bewertung dessen anmaßen. Bei einer Entwicklung einer solchen Immobilie sind zwei Jahre Planung aber durchaus nicht ungewöhnlich.
Was denken, woran es gelegen haben könnte?
WULFMEYER:Sicherlich ist das Kaufhof-Gelände schwieriger zu vermarkten als eine 1a-Lage, wie wir sie vom Alten Markt bis zum Linnenbauerplatz haben. Der Kaufhof-Standort ist für Investoren und Mieter eher eine 1a-Randlage, vielleicht sogar nur eine 1b-Lage. Dafür zahlen Mieter zwar auch weniger, aber sie haben auch einen höheren Aufwand, um Kundenlauf zu bekommen. Mieter kommen nicht um jeden Preis nach Herford. Und ein Projektentwickler muss darauf achten, dass die Miete einerseits für Interessenten nicht zu hoch ist, sich aber andererseits noch für ihn rechnet.
Aber das rechnet ein Investor doch, bevor er sich um ein Projekt wie das Kaufhof-Gelände bewirbt, oder?
WULFMEYER:Sicher muss jeder Investor zu Beginn eine Kalkulation erstellen. Ob sie dann aufgeht, ist eine andere Sache. Dass ein solches Projekt scheitert, ist ja kein Einzelfall. Überall in Deutschland gibt es solche Fälle. Nur hilft uns das in Herford nicht weiter.
Wie soll es jetzt weiter gehen?
WULFMEYER:Wir müssen für jede Art der Nutzung offen sein. Trotzdem würde ich weiterhin Einzelhandel an dem Standort favorisieren. Ich habe inzwischen mit drei von fünf der ehemals interessierten Investoren telefoniert. Daher weiß ich, dass nach wie vor Interesse besteht, sich mit dem Standort Herford zu beschäftigen. Und ich habe auch Infos, dass Filialisten Interesse haben. Was bei Gundlach nicht geklappt hat, kann mit einem anderen durchaus gelingen. Ich könnte mir auch eine Mischnutzung vorstellen.
Was heißt Mischnutzung?
WULFMEYER:Für das Erdgeschoss Geschäfte zu finden, ist meist nicht das Problem. Im Ober- und Untergeschoss könnte man dann anderes unterbringen wie zum Beispiel ein Fitnessstudio, eine Bowlingbahn und natürlich auch Wohnungen. Büros wären auch möglich, aber damit ist der Markt hier eigentlich gesättigt.
Stimmt es, dass die neuen Geschäfte am Gehrenberg auch Interessenten für das Hanse-Carree waren?
WULFMEYER:Ja, aber Tom Tailor, Hunkemöller, New Yorker und das Depot haben sich anderes entschieden.
Deutet das nicht darauf hin, dass Einkaufszentren wie das geplante Hanse-Carree nicht mehr zeitgemäß und gewünscht sind?
WULFMEYER: Nicht unbedingt. Wenn ich ein Geschäft in einer 1a-Lage haben kann, denke ich nicht über eine 1b-Lage nach, auch wenn die Miete höher ist.
Was kann die Stadt jetzt tun?
WULFMEYER:Wir erarbeiten ja derzeit ein integriertes Handlungskonzept fr die Innenstadt. Das wird aus Mitteln der NRW-Städtebauförderung unterstützt. Vorher müssen wir Empfehlungen und eine Prioritätenliste erstellen. Eine Möglichkeit in diesem Zusammenhang wäre, dass die Stadt zur Beseitigung des städtebaulichen Missstands den Abriss des alten Kaufhof-Gebäudes übernimmt. Das würde sicherlich einen höheren sechsstelligen Betrag kosten, der dann aber zu 80 Prozent aus diesen Fördermitteln finanziert werden könnte, frühestens aber erst ab Mitte 2013. Ein freies Gelände würde es für Investoren sicherlich attraktiver machen.
Wenn man die Einzelhandels-Idee für den Standort ganz aufgeben würde – welche Alternativen kämen für Sie in Frage?
WULFMEYER:Eine Grünanlage sicher nicht, weil sie die teuerste wäre. Wenns ein Parkplatz würde, hätte man zwar noch eine gewisse Refinanzierung durch Parkgebühren. Aber Parkplätze haben wir in Herford genug. Eigentlich kämen nur Wohnungen ernsthaft in Frage.