Nanu, SPD-Plakate ohne SPD!

Herford, 25. Aug. 2009   Bewerber wollen Kandidat aller sein – CDU und FDP vermissen Klarheit
Von Reinhard Brockmann

Bruno Wollbrink Plakat

Bürgermeister Bruno Wollbrink möchte in Herford wiedergewählt werden. Obwohl seit 30 Jahren aktives SPD-Mitglied, legt er Wert auf Distanz. »Eine Person wird gewählt, nicht eine Partei.«
Foto: Oliver Schwabe

Bielefeld (WB). Eine Reihe von SPD-Bewerbern verzichtet im Kommunalwahlkampf auf das rote Partei-Logo. CDU und FDP nennen das Etikettenschwindel. Die Kandidaten selbst wollen Bürgermeister oder Landrat aller Bürger sein.

Auf Plakaten und im Netz fehlt dann der sofort erkennbare Parteiname. Selbst der von der SPD bereitgestellte Baukasten für Internetseiten lässt es zu, den roten Würfel blank und ohne Logo zu zeigen. »Das kann jeder für sich selbst entscheiden«, sagt Julia Stöcklein von der NRW-SPD. Wie viele Kandidaten bei der Kommunalwahl im ganzen Lande ohne Parteikennung antreten, ist in Düsseldorf nicht bekannt – zumindest nicht in der Pressestelle.

»Eine Person wird gewählt, nicht eine Partei«, sagt Bruno Wollbrink. Er tritt in Herford sogar als Einzelbewerber an, was ihm auf dem Wahlzettel den Platz ganz unten einbrachte. Das Weglassen der Partei-Symbolik bedeute auf gar keinen Fall ein Abschwören seiner 30-jährigen Parteimitgliedschaft, betont der schon 2004 ohne die drei Traditionsbuchstaben gewählte Rathauschef.

Anne Rodenbrock-Wesselmann (SPD) hat die Parteiferne zum Slogan gemacht. Unter www.einefuerhalle.de teilt sie mit, warum sie die beste im Amt wäre.

Wolfgang Weigel, der erster SPD-Landrat im Kreis Paderborn werden möchte, lässt auf seinem Plakat eher rätseln. Statt Parteilogo zeigt er das relativ unbekannte Paderborn-Bürener Fusionswappen. »Meine Person wird dennoch mit meiner politischen Heimat in Verbindung gebracht«, sagt der volkstümliche Sozialdemokrat, der sich als roter Schützenoberst im katholischen Hochstift längst einen Namen gemacht hat.

Thorsten Klute will mit dem neutralem Auftritt »überparteilich Brücken bauen«. Wer nur sein Parteiabzeichen spazieren trage, sei in Versmold von vornherein fehl am Platz, sagt er. Die Parteizugehörigkeit stellt Klute spätestens wieder heraus, wenn Parteiprominenz aus Berlin kommt. Beim Besuch von Franz Müntefering wurde die Parteifahne hochgezogen, 400 Menschen kamen, was Klute »für eine Stadt wie Versmold beachtlich viel« nennt.

Wenn Bewerber ihre Herkunft verschwiegen, sagt dagegen CDU-Bezirkschef Elmar Brok, zeige dies, »dass sie sich schämen, genau die Partei zu zeigen, die sie hinterher unterstützen muss«. Eine Bundespartei, die es gerade auf 22 Prozent bringe, sei natürlich für jeden Kandidaten, der auf 40 Prozent hofft, ein echter Klotz am Bein, mimt Brok Verständnis.

FDP-Bezirkschefin Gudrun Kopp kennt keinen Fall in ihrer Partei, in dem Kandidaten unter falscher beziehungsweise gar keiner Flagge segeln. Ihre Kritik fällt grundsätzlicher aus. Wahrheit und Klarheit der Wahl würden verletzt, sagt sie. »Ich finde es wichtig, sich zu seiner Partei zu bekennen.« Niemand dürfe eine »Neutralität vorgaukeln, die es nicht gibt.«

Kommentar

Bitte keine Spielchen!

Sie treten für die SPD an, zeigen es aber nicht: Eine Reihe von Bewerbern um das Amt des Bürgermeisters oder Landrats verzichten auf Plakaten und Internetseiten auf ihr Parteiabzeichen. Sie tun das bewusst. Sie wollen erster Bürger für alle in ihrer Stadt sein. Angeblich hat das nichts, aber auch rein gar nichts mit dem miserablen Bild der SPD auf Landes- und Bundesebene zu tun.

Ohne Not wird so die Glaubwürdigkeitsfrage aufgeworfen, mit der alle Parteien zu kämpfen haben. Solange die SPD vor Ort keinen anderen Kandidaten aufstellt, ihre Plakatständer dem Kandidaten ohne Logo zur Verfügung stellt, in Fußgängerzonen für ihn wirbt und den Begriff Unabhängigkeit missbraucht, nutzen alle wortreichen Erklärungen über Distanz und Nähe gar nichts.

Es muss drauf stehen, was drin ist. Wähler werden skeptisch, wenn Spielchen getrieben werden. Außerdem: Bei Kommunalwahlen wird oft gegen den Bundestrend gestimmt. Die Wähler sind nicht dumm. Ihnen geht Persönlichkeit vor Partei – vorausgesetzt die Person ist lauter und spielt nicht Verstecken.

Reinhard Brockmann