Tradition fordert ein hohes Maß an Identifikation!
Der Name unserer Stadt und der Berufsstand der Deutschen Schausteller sind nicht voneinander zu trennen. Welche Stadt außer Herford könnte zum Beispiel von sich sagen, dass dort im Jahre 1895 der Mitteldeutsche Schaustellerverein gegründet worden ist.
Grund genug für „unsere“ Schausteller, im Jahre 1995 in Herford das 100-jährige Bestehen zu feiern. Aber auch anlässlich des 105-jährigen Bestehens und des 110. Geburtstags vor zwei Jahren durfte unsere Stadt von sich sagen, erneut jeweils Austragungsort dieser herausragenden gesellschaftlichen Großveranstaltungen mit tausenden von Schaustellern – darunter „unsere“ Schausteller als örtliche Gastgeber – zu sein.
Aber nicht nur der Mitteldeutsche Schaustellerbund, an dessen Spitze heute Thomas Weber steht, wurde in Herford gegründet.
Am 13. Januar 1950 war es ebenfalls unsere Stadt Herford, in welcher vor nunmehr 77 Jahren auch der Deutsche Schaustellerbund e.V. gegründet wurde, der heute rund 4.600 Vollmitgliedschaften aus 95 eigenständigen Schaustellervereinen zählt.
Ein Grund mehr für „unsere“ Herforder Schausteller, auch das Fest des 75-jährigen Bestehens des DSB 2005 nach Herford geholt zu haben.
Kein Wunder, dass angesichts dieser selten engen Verbundenheit der Geschichte und Tradition der Deutschen Schausteller mit ausgerechnet unserer Stadt Herforder Schausteller in der Vergangenheit und Gegenwart höchste Ämter in Vertretung der Interessen ihres Berufsstandes bekleidet haben und bekleiden. Es seien hier nur stellvertretend Namen wie Hansi Steiger, Hermi Krameyer als ehemalige Vorsitzende des DSB und Thomas Weber als derzeit Vorsitzender des Mitteldeutschen Schaustellervereins genannt.
Angesichts dieser engen Bindung, die unserer Stadt ein einmaliges Potential und veranstaltungstechnisches „know how“ bietet, liegt es näher als in jeder anderen Stadt, mit den Schaustellern u.a. ähnliche Veranstaltungen zu entwickeln, wie sie zahlreiche Städte in der Region mit einem Maximum an Werbewirksamkeit für die jeweilige Stadt entwickelt haben.
Liest man hingegen die Vorlage zum öffentlichen Tagesordnungspunkt A. 4 der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt Herford am 11. September 2007, so muss man sowohl als Außenstehender als auch als Insider den Eindruck gewinnen, als seien die Interessen unserer Herforder Schausteller und der der „Schaustellerstadt“ Herford nur schwerlich in Einklang zu bringen?
Wie heißt es in der Beschlussvorlage der Stadtverwaltung Herford: „Der finanzielle Beitrag der Pro Herford GmbH soll sich im Vergleich zu den Vorjahren nicht erhöhen. Dem Wunsch der Schausteller nach Verlagerung in Richtung Goebenstraße kann daher nicht entsprochen werden. Bzgl. der Variante d) wird die Pro Herford gmbH beauftragt, eine konkrete Planung vorzulegen.“
Unter Variante d.) heißt es in der Verwaltungsvorlage sodann: „Man unterstreicht den historischen Bezug, indem ein ein- bis dreitägiges Fest direkt um die Münsterkirche auf dem Münsterkirchplatz, auf dem Rathausplatz mit Anbindung an die Innenstadt erfolgt. Die Inhalte sind variabel gestaltbar mit einem Mix aus Mittelalter und Moderne. Auch diese Variante sollte die Elemente „Kirmes-Kirche-Kultur“ widerspiegeln.“
Also eine Art verkürzte „City-Kirmes“ unter Inkaufnahme des Endes unserer traditionellen „Herforder Vision“, des zweitältesten Festes dieser Art in der Bundesrepublik Deutschland?
Längst ist zu vernehmen, dass „unsere“ Schausteller diese erneute, zeitlich viel zu späte „Abfuhr“ nicht akzeptieren werden.
Nicht akzeptabel ist auch der Umstand, dass „unsere“ Schausteller offensichtlich warten sollen, bis Rat und Verwaltung endlich einmal eine dauerhaft verlässliche und professionell handelnde Geschäftsführung der städtischen Tochter PRO HERFORD GmbH gewährleisten, wenn es dann diese städtische Gliederung sein soll, die – zusammen mit den Schaustellern – deren Veranstaltungen in der „Schaustellerstadt“ Herford mitverantwortlich plant und durchführen hilft.
Wichtige Voraussetzung dafür sind sicher u.a. entsprechende aussagekräftige Stellenbeschreibungen für die Stellen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der weiterhin führungslosen PRO HERFORD GmbH. Wie sonst will man z.B. bei der Ausschreibung der Besetzung der vakanten Stelle des Geschäftsführeres kompetente Fachleute dieses Metiers ansprechen und gewinnen?
Es sind aber auch zahlreiche flankierende, nahezu kostenlose Maßnahmen, mit welchen „Stadt“ den Erfolg ihrer Veranstaltungen flankieren könnte und kann.
Derzeit halten „unsere“ Herforder Schausteller etliche Plätze in der Region und darüber hinaus. Man schaue sich nur einmal die von den Veranstaltern ins Internet eingestellten Besucherstatistiken oder die Internet-Auftritte zu den Veranstaltungen einschließlich einer Rückschau und eines „Dankeschöns“ an. Hier darf man erleben, dass die Feste von ganzjährigen professionellen Marketingkampagnen begleitet werden.
Erst im letzten Jahr zu Pfingsten haben einige Herforder – darunter Bürgermeister Bruno Wollbrink – den 129. „Pfingsmarkt Neukloster“ besucht, um an der Karusellweihe des Fahrgeschäftes ROCKET Thomas Webers teilzunehmen.
Der Festplatz erstreckt sich – man staune – gar quer über die mit 60.000(!) täglichen Fahrzeugen befahrene Bundesstraße B 73! Selbst eine Vollsperrung dieser verkehrsträchtigen Bundesstraße ist also möglich, wenn Stadt und Schausteller an einem Strick ziehen, um eine gewachsene Veranstaltung zur allseitigen Blüte sowie zu erinem finanziellen Erfolg zu führen.
Anders in der „Schaustellerstadt“ Herford. Man schaue sich – trotz des Existierens einer städtischen Marketing-Gesellschaft – einmal unseren Internet-Auftritt an.
Nichts – absolut nichts – wird der suchende potentielle Gast im Internet finden. Tippt man unter Veranstaltungen Begriffe wie „Osterkirmes“, „Vision“(!) oder auch nur den Begriff „Schausteller“ ein, wird man nicht eine einzige Veranstaltung auffinden. Lediglich unter „Mitteldeutscher Schausteller Verein“ stößt man – neben der Adresse Thomas Webers – auf Namen und Anschrift des ehemaligen Vorsitzenden Theo Rosenzweig.
Unter „Stadt Herford“ findet man tatsächlich nur zwei nicht weiter beschriebene Veranstaltungen „City-Kirmes“ und „Weihnachtslicht“. Dies auch nur, weil diese beiden Veranstaltung im Veranstaltungskalender noch bevor stehen.
Gänzliche Fehlanzeige auch bei der städtischen Marketing-Gesellschaft PRO HERFORD GmbH.
Auch dort ist keine Rede von „unseren“ Schaustellern und den traditionellen Veranstaltungen. Dem potentiellen Besucher Herfords werden unter „Veranstaltungsorte“ die Möglichkeit der Anmietung des „Alten Güterbahnhofs“ und der „Markthalle“ angeboten. Das ist alles!
Dass Herford die(!) „Schaustellerstadt“ in Deutschland ist, sollte sich nicht darin erschöpfen, dass wir von „unseren“ Schaustellern möglichst vielseitige funktionierende Veranstaltungen mit „tollen Tagen“ und entsprechenden Standgebühren erwarten.
So angenehm es sein mag, Gast „unserer“ stets gastfreundlichen Schausteller zu sein, so erwächst einer „Schaustellerstadt“ aus diesem angenehmen Anspruch eben auch die Verpflichtung, die mit unserer Stadt eng verbundene Schaustellertradition dauerhaft zu pflegen, zu sichern und zu optimieren.
Das setzt in besonderem Maße einen von wechselseitigem Vertrauen geprägten ständigen Dialog sowie
frühestmögliche verlässliche Planungen voraus, bei welchen – neben den Bürgerinnen und Bürgern wie Gästen unserer Stadt – Schausteller und Stadt gleichermaßen gewinnen.
Heinz-Günther Scheffer