„Städte schaffen Integration – Stadtpolitik in Zeiten der Globalisierung“. So lautete das diesjährige Motto der 1300 Delegierten und Gäste des Deutschen Städtettages. Für die Stadt Herford nahmen Marlies Echterdiek (CDU), Udo Freyberg (SPD), Lothar Wienböker (FDP) und Heinz-Günther Scheffer (Liste 2004 – Initiative für Herford) sowie Kämmerer Manfred Schürkamp (CDU) an der Hauptversammlung in München teil.
Die deutschen Städte wollen ihre Anstrengungen zur Integration von Zuwanderern und anderen benachteiligten Bevölkerungsgruppen in den kommenden Jahren fortsetzen und – wo immer möglich – auch verstärken und optimieren. Das erklärte der Präsident des Deutschen Städtetages, der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude.
„Die Städte leisten seit Jahren ihren Beitrag zur Integration in Deutschland. Sie sind bereit, auch in Zukunft wichtige Akzente zu setzen, um bestehende Integrationsdefizite abzubauen. Integration entscheidet sich vor Ort. Das erkennen auch Bund und Länder an. Die Bundeskanzlerin hat dies während unserer Hauptversammlung ausdrücklich hervorgehoben“, sagte Ude. Von zentraler Bedeutung sei die Bereitschaft zur Verständigung in der Gesellschaft, und zwar auf beiden Seiten. Integrationsbereitschaft müsse nicht nur der Mehrheitsgesellschaft abverlangt werden, sondern auch den Migranten. Und umgekehrt müssten nicht nur die Migranten, sondern auch die Mehrheitsgesellschaft zur Veränderung bereit sein.
Die vier Fachforen des Städtetages erarbeiteten insbesondere folgende Punkte:
- Mit der anhaltenden Zuwanderung wachsen auch die gesamtgesellschaftlichen Integrationsaufgaben, die von Bund, Ländern und Kommunen erfüllt werden müssen.
- Vor allem die Städte sind dauerhafte Einwanderungsräume. Integrationsbemühungen müssen deshalb neben den neu zuwandernden auch den bereits in den Städten lebenden Migranten gelten.
- Die Bewältigung des demografischen Wandels muss im Stadt- bzw. Gemeinderat und in der Verwaltung als Querschnittsaufgabe und Schlüsselstrategie verankert werden.
- Die demografischen Herausforderungen für die Städte ergeben sich nicht nur aus sinkenden Bevölkerungszahlen, sondern vor allem durch Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur (Alterung, Familienstrukturen, Migration).
- Die herkömmlichen Familienstrukturen als Fundament für Entwicklung, Erziehung, Bildung und für eine gesicherte Existenz im Alter sind in den Städten nicht mehr der Regelfall. Die städtische Sozial-, Jugend- und Seniorenpolitik ist gefordert, hier für Strukturen und Angebote Sorge zu tragen, die diesen veränderten Lebensmustern Rechnung tragen.
- Voraussetzung für gelingende Integration ist eine höhere Qualität der Bildungssysteme. Gleichzeitig muss die Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachen Familien oder aus Migrantenfamilien verringert werden.
- Die Rolle der Kommunen bei der Gestaltung und Organisation des Bildungswesens muss gestärkt werden.
- Die frühkindliche Entwicklung ist für die Zukunft unserer Gesellschaft von elementarer Bedeutung. Vor allem für Kinder mit Migrationshintergrund muss die Sprachförderung intensiviert werden, damit diese Kinder bessere Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten haben.
- Die Mischung von einheimischer Bevölkerung und Zuwanderern in Stadtteilen ist noch keine Garantie für erfolgreiche Integration. Umgekehrt behindert räumliche Trennung beider Gruppen nicht automatisch die Integration.
- Statt eine „bessere“ räumliche Verteilung von Migranten anzustreben, müssen Stadtviertel, in denen sich soziale Probleme ballen, stabilisiert werden. Wesentlich für den Erfolg solcher Maßnahmen sind ressortübergreifende Strategien und das Zusammenwirken aller Akteure in den jeweiligen Stadtvierteln.
In seiner Eingangsrede hatte der Münchener OB festgestellt, dass sich die „große Politik“ mit der Integration schwer tue, zumal besonders in konservativen Kreisen immer noch bestritten werde, dass Deutschland ein Zuwanderungsland sei, obwohl die Zuwanderung inzwischen Jahrzehnte andauere.
Es gebe aber auch die Lebenslüge progressiver Kreise, Zuwanderung sei kein Problem, sondern stets eine kulturelle Bereicherung. Diese verklärende Sichtweise habe sich darüber hinweg gemogelt, dass Zuzug in verschiedenen Schichten ganz unterschiedlich erlebt werde: „Wer in gesicherter beruflicher Position ist und Fremdsprachen beherrscht und Neugier auf fremde Kulturen hat, tut sich nun einmal leichter als einer, der mit den Migranten um die Wohnung, den Arbeitsplatz oder Sozialleistungen konkurriert und durch Fremdländisches eher verstört wird. Diese Bevölkerungsgruppen, die sich überfordert und belastet fühlen, sollten wir bei der Integrationsdebatte niemals aus dem Auge verlieren, sonst finden am Ende neue Ausgrenzungen statt, wiederum in unteren Einkommensschichten, aber diesmal bei der einheimischen Bevölkerung“, sagte Ude.
Er forderte die Städte auf, noch mehr zu leisten; mehr Angebote zu machen, damit das Land kinderfreundlicher werde. Es müssten aber auch mehr Angebote für alte Menschen her. Und natürlich müsse man mehr Angebote machen für Menschen mit Migrationshintergrund.
Alle wollen „mehr Stadt“, stellte Ude fest: Die Menschen erwarten immer mehr von der Stadt. Kein Mensch will „weniger Stadt“, alle verlangen immer mehr von ihrer Kommune. Deshalb müssen die Städte und Gemeinden für diese Aufgaben gestärkt werden – nur mit starken Städten ist ein Staat zu machen!
Ähnlich äußerte sich auch die Bundeskanzlerin auf dem Deutschen Städtetag: „Wir wollen, dass die kommunale Selbstverwaltung nicht nur auf dem Papier steht. Die Städte dürfen nicht zu bloßen Häuseransammlungen werden. Nicht nur die Unterbringung von Menschen und die Vermeidung von Not sind gefordert, sondern es geht um eine kulturelle, soziale Interaktion und um echtes Zusammenleben.“
Die Betätigung in den kommunalen Parlamenten werde auch nur dann weiter attraktiv sein, wenn Bürger für Bürger wirklich etwas gestalten können, sagte Merkel. Alles andere werde sich nicht als kommunale Selbstverwaltung bewähren. Ihre Regierung meine, dass es dazu eine Vielzahl von begrüßenswerten Aktivitäten gebe, zum Beispiel des Deutschen Städtetages als einer der Träger des Wettbewerbs „Soziale Stadt“.
Die Städte und Gemeinden müssten auch in Zukunft die Rahmenbedingungen schaffen, um die Grundversorgung der Bevölkerung mit Dienstleistungen der Daseinsvorsorge gewährleisten zu können, sagte die Kanzlerin. Man befinde sich auch in einer sehr konkreten Diskussion über das, was der Städtetag angesprochen habe, nämlich über die Verordnung zur Anreizregulierung und über die Zukunft der Stadtwerke.
„Ich will ausdrücklich sagen, dass wir die Stadtwerke und mehr Wettbewerb wollen. Mit weniger A
kteuren wird es nicht mehr Wettbewerb geben. Deshalb wird man über die Frage, was an Wettbewerbseffizienz zumutbar ist, sicherlich sprechen müssen. Wir müssen dann aber auch ehrlich zueinander sein. Natürlich gibt es auch noch ein großes Bündel von so genannten Quersubventionierungen, die sicherlich – ich will es heute nicht weiter ausführen – auch Gesprächsgegenstand sein müssen, die viel mit dem Leben in den Städten zu tun haben, die aber bei der Frage nach Wettbewerb im Energiebereich auch nicht immer der einzige Bezugspunkt sein können. Wir werden da noch Diskussionsbedarf haben“, so die Regierungschefin.
Ein weiterer Baustein sei das Vergaberecht. „Hier will ich Ihnen ausdrücklich sagen, dass Sie die Unterstützung der Bundesregierung haben, wenn es um das europäische Recht geht, in dem Schwellenwerte festgelegt wurden, unterhalb derer das Vergaberecht der Europäischen Union nicht angewendet wird. Wir werden uns entschieden dagegen einsetzen, dass diese neue Rechtsetzung ausgehöhlt wird.“
Seitens der Bundesregierung werde man alles daransetzen, zu helfen, genauso wie man es bei den Sparkassen gemacht habe. Man müsse hier dem Prinzip folgen: „Wo Sparkasse draufsteht, muss auch Sparkasse drin sein. Sonst werden sie ihrem Auftrag nicht gerecht“, rief Angela Merkel den Delegierten zu.